Mundart Stubenabend am 07.11.2014

Gretel Schiebenes und Gertrud Springmann (Dritte und Vierte von rechts), in einstigen Michelbacher Arbeitskleidern, rezitierten Michelbacher Mundart-Beiträge. Moderator war Günter Herm (kariertes Hemd).

„Im Dialekt verkörpern wir uns selbst“
„Gschichtle und Gedichtle“ beim Stubenabend im Heimatmuseum Michelbach

Gaggenau – Michelbach. Ein nebelfeuchter Herbstabend in Michelbach. Der Vollmond wirft sein fahles Licht auf die dörfliche Idylle mit der angestrahlten Kirche St. Michael. Unter den hellerleuchteten Fenstern des Heimatmuseums, einem liebevoll restaurierten alten Fachwerkhaus mit ausgetretenen Steinstufen vor der Tür, blühen die letzten Geranien.
Drinnen in der dicht besetzten „guten Stube“ eröffnet Markus Herm am Kachelofen mit dem Akkordeon den Stubenabend: „Gschwätzt wie früher, Gschichtle und Gedichtle.“ Jochen Küx, Vorsitzender des Heimatvereins, kündigt den Gästen für die Pause die typische Spezialität: „Brennde Grießsupp', die friher in Michelbach uff de Disch komme isch“ an.
Von Manfred Vogt angeregt, sei dieser besondere Stubenabend vor allem Karin Klarhof zu verdanken, so Moderator Günter Herm: „Sie hat den Michelbachern mit den von ihr über Jahrzehnte gesammelten Mundart-Beiträgen ein großes und sehr wertvolles Geschenk gemacht. Diese von ihr zusammengestellten Kultur- und Zeitzeugnisse sind ein wahres Meisterwerk!“ Von Sohn Markus Herm musikalisch begleitet, singen alle das von Fritz Bastian verfasste Lied „Mei Michelbach“ samt Refrain: „Du konsch ma sage, was de witt: E schieners Dörfel fingt ma nit.“
Dann rezitieren bei romantischem Kerzenschein in der authentischen Bauernstube die beiden waschechten Michelbacherinnen Gretel Schiebenes - sie verkörpert ihre Mutter Elisabeth Anselm - und Gertrud Springmann – sie schlüpft in die Rolle von Kathrin Wunsch - nostalgische Texte über Michelbach. Gretel Schiebenes nimmt die Zuhörer zum „Rundgang durch's alte Dorf“ mit, lässt „'s Ratschriebers un 's Metze, 's Krutschnieders-Fränzl un 's Schnapsbrennervaldin's“ lebendig werden, zeigt die von ihrer Mutter akkurat umhäkelten einstigen „Poussiertüchle“ (Taschentücher) sowie ihre aus Welschkornstroh geflochtene Schultasche.
Sie erinnert die schmunzelnden Zuhörer an „Da Sauhirt, der morjets sei Sauherd durchs Dorf triewe un lut mit da Gaisl knellt hat“ und an jenen jungen Kaplan, der mit dem Motorrad durchs Dorf gerast sei: “Bis ma do 'G'lobt sei Jeses Christus' g'sagt hat, isch der schu em Teufel zu“.
Günter Herm erläutert die Sprachenvielfalt, verweist auf gewachsenes Nationalitätsdenken und die Mundart als ein Stück Identität: „Im Dialekt verkörpern wir uns selber“. Die Gäste singen vom Akkordeon begleitete Lieder, ehe Gertrud Springmann anschaulich das einstige „Stubbe geh'“ schildert: „Die Kerle hen Hondorgel g'spielt un d' Maidle, die hen g'sunge, un d'Männer hen ihr Pfiffl g'raucht, un d' Fraue, die hen g'spunne“ oder „Im Herbscht do schafft ma d' Äpfel hoim, und backt en Zwieblkuche, un keltert und no konn mal bald de naue Moscht vasuche“. Letzteren gab's zwar (noch) nicht, aber eine köstliche von Ingeborg Küx zubereitete „Brennde Grießsupp'“.
Elke Schapeler

Gertrud Springmann links und Gretel Schiebenes
Gertrud Springmann links und Gretel Schiebenes trugen die Michelbacher Mundart vor.


Gschichtle und Gedichtle unter diesem Motto stand der Stubenabend im Heimatmuseum Michelbach. Die Stube mit seiner heimeligen Atmosphäre war total ausgebucht und Jochen Küx als 1. Vorsitzender war erfreut in seiner Begrüßungsansprache , dass dieser erstmalige Abend solch eine große Resonanz fand. Die monatlichen Stubenabende mit verschiedenen Themenblöcken haben sich zu einem besonderen Angebot im Dorf entwickelt.Die Moderation lag in den Händen von Günter Herm, der es hervorragend verstand die verschiedenen Epochen von Michelbachern wieder in Erinnerung zu rufen und Gschichtle und Gedichtle aufleben zu lassen. Das besondere gestaltete Meisterwerk“„ Michelbacher Mundart“ erstellt von Dr. Karin Klarhof wurde an diesem Abend erstmals präsentiert. Die einzelnen Beiträge, vorgetragen von Gretel Schiebenes und Gertrud Springmann wurden musikalisch untermalt von Markus Herm mit dem Akkordeon und trafen den Nerv der Besucher. Eröffnet wurde der Abend mit dem Michelbacher Lied“ Mei Michelbach“ aus der Feder von Fritz Bastian“ . Den Schlusspunkt nach 120 Minuten wurde gesetzt mit dem einfühlsamen Lied Wo`s Dörflein traut zu Ende geht“ . Großer Beifall für die Akteure und ein Stubenabend der sehr lange in Erinnerung bleibt. Die Fortsetzung ist bereits für den 6. November 2015 terminiert worden.
Manfred Vogt